Erlebtes

Mittwoch, 28. Juni 2006

Stolz

Mein Name wurde aufgerufen und ich erhob mich aus dem Dunkel der namenlosen Diplomanten und schritt dem Licht zu, der Bühne, während mein Herz drohte zu zerspringen. Ich war so stolz, hatte ich doch nicht nur die Schule bestanden, sondern auch noch einen solch guten Gesamtnotendurchschnitt erreicht, dass ich, zusammen mit anderen, geehrt wurde. Nicht im Traum hatte ich gewagt zu hoffen, eventuell doch die magische Ziellinie von 5.3 zu erreichen, ja sogar zu übertreffen. Ganz nach dem Motto der gestrigen Abschlussfeier, rufe ich inbrünstig: Freude herrscht! Und gratuliere an dieser Stelle jedem, der an diesem Tag ebenfalls sein Diplom in Empfang nehmen durfte.

Montag, 1. Mai 2006

Vom Entdecken neuer Welten

Aufgewachsen bin ich als Einzelkind in einem Einfamilienreihenhaus in Münchenstein. Die Erinnerung an meine Grosseltern väterlicherseits verblasste rasch, da sie, als ich fünf Jahre alt war, kurz nacheinander starben. Meinen Grossvater mütterlicherseits kenne ich nur von Fotos, doch mit meiner Grossmutter mütterlicherseits habe ich viel Zeit verbracht. Rückblickend, sie starb vor cirka zehn Jahren, ist es für mich schwierig unser Verhältnis zueinander zu beschreiben; ihre innige Liebe zu mir ist unbestritten, doch in der Zeit, an die ich mich am stärksten an sie erinnern kann, lag ich in ständigem Kampf mit ihr: Ich fühlte mich von ihr eingeengt und nicht als erwachsenen Menschen ernst genommen. Da sowohl meine Mutter als auch mein Vater Einzelkinder sind, beschränkten sich unsere Familienbeziehungen auf ein paar verstreute, aber nicht sehr eng verwandte Personen, zu denen wir nur sporadischen Kontakt pflegten.

Von meiner Freundin bekam ich mit, wie sie sich mit ihrem Bruder stritt oder dass am Sonntag wieder einmal der obligatorische Besuch bei den Grosseltern anstand, auf dessen Ende sie sich jetzt schon freute. Sie erzählte mir, dass sie ihre Cousinen nicht leiden konnte und dass sich ihre Tante vor Jahren mit ihrer Mutter zerstritten hatte, so dass die beiden bis heute kein Wort miteinander mehr wechselten. Bei solchen negativen Schilderungen war ich immer froh, keinen familiären Verpflichtungen nachgehen oder mich mit solchen Familiengeschichten auseinandersetzen zu müssen. Nie vermisste ich es keine Geschwister oder nur eine Grossmutter zu haben. Ich fühlte mich wohl, so wie es war und machte mir nicht sonderlich Gedanken über meine familiären Verhältnisse.

Dann kam der Tag, als ich das Flugzeug bestieg und nach Amerika flog: meine erste grosse Reise ohne Eltern. Ich hatte eine Schule in Boston, im Norden der Vereinigten Staaten, gewählt und sollte während vier Monaten bei einer Gastfamilie in einem kleinen Vorort der Stadt wohnen. Nach langer Reise an der richtigen Adresse angekommen, stellte mir meine Gastmutter Georgette Malouf, Mutter von fünf erwachsenen Kindern, die Familie vor: Da sie kürzlich am Herzen operiert worden war, griff ihr ihre Schwester Jacky etwas unter die Arme, die extra aus dem Libanon hergereist war. Georgette war ursprünglich mit ihrem Mann aus dem Libanon nach Boston geflüchtet, mittlerweile hatten sie sich in Amerika eingelebt und integriert. Ihre Kinder schickte sie zur lokalen Schule und diese wuchsen zweisprachig, englisch und arabisch, auf. Zu Besuch, und nicht nur an meinem Ankunftstag, sonder auch sonst sehr regelmässig in der Woche, war ihre Tochter mit den vier Kindern. Etwas später kamen ihre beiden Söhne Nabil und Joey von der Arbeit nach Hause. Ihre Tochter Nawal lebt mit ihrer Familie in Kanada und ihr Sohn Jeff in San Diego, wo er ein Fitnessstudio betreibt.

Während meiner gesamten Zeit, die ich bei Familie Malouf verbrachte, waren immer Leute im Haus: Familie, Freunde, Verwandte. Während den Sommerferien lebte zusätzlich zur Familie noch die Tochter aus Kanada mit ihren zwei Kindern unter demselben Dach. Wenn ein Fest bevorstand, brutzelten Georgette und Jacky stundenlang in der Küche libanesische Gerichte. Als orthodoxe Christen feierten sie Ostern eine Woche nach den katholischen Feiertagen, wobei sie mich an die Messe und das anschliessende Festessen mitnahmen. An solchen Anlässen wurde eine Mischung aus arabisch und englisch gesprochen und es wurde gelacht und geplaudert. Nie wurde offen gestritten oder böse über Familienmitglieder getratscht. Ich erlebte in dieser Zeit so viel Freude, so viel Wärme, und fühlte mich in der Familie richtig aufgenommen. Ich lernte ein paar Brocken Arabisch, verfiel der Kochkunst der beiden Schwestern und tanzte an den Familienfesten mit.

Vor meiner Reise konnte ich mir nicht vorstellen, wie es ist in einer Grossfamilie aufzuwachsen und von Freunden hatte ich im Zusammenhang mit Familienangelegenheiten nur Negatives gehört. Bei Familie Malouf aber eröffnete sich für mich eine neue Welt - die Welt einer Grossfamilie. Ich fühlte mich so wohl, einen Teil davon zu sein. Von allen Seiten wurde ich mit offenen Armen empfangen und eingeladen.

Wieder zu Hause, zurück bei meiner kleinen Familie, vermisste ich den Rummel, den für Festessen gedeckten Tisch, die vielen, mit Speisen prallgefüllten Schalen, das Geplauder, Gelächter der Freunde und Verwandte. Es war eine andere Welt, in die ich Einblick genossen hatte - eine lebendige, farbige, multikulturelle Welt.

Mittwoch, 12. April 2006

So nicht !

Sehr geehrter Herr Operndirektor

Als ehemalige Ballettschülerin des Theater Basel pflege ich eine besonders innige Beziehung zum Ballett und dem Choreograph Heinz Spoerli. Als ich gelesen habe, dass das Stück „Schwanensee“ in Zürich am Opernhaus wiederaufgeführt wird, wusste ich, dass ich alles geben würde, Karten für eine der Vorstellungen zu besorgen.

Leider war ich für die schriftliche Bestellung von Karten schon zu spät, doch die Telefonauskunft des Opernhauses hat mir erklärt, dass Karten für Vorstellungen am Saisonende am 8. April zu beziehen seien.

Ich habe mich daher heute Morgen um 7.22 Uhr in den Zug von Basel nach Zürich gesetzt und bin um 09.00h bei der Kasse des Opernhauses eingetroffen. Man überreichte mir die Nummer 17. Voller Vorfreude gute Plätze zu erhalten, stellte ich mich ein wenig später er-wartungsvoll in die Schlange. Schon dort erkannte ich, dass ich nicht die 17. Person war, welche den Vorzug hat, Tickets beziehen zu dürfen, sondern, dass ich die 17. Person war, die an der Kasse drei, Tickets beziehen durfte.

Es schien mir, als stünde ich stundenlang in der Schlange. Alle wollten Tickets für Schwanensee, kaum jemand interessierte sich für andere Vorstellungen. Unzählige Tickets wurden verkauft, während ich immer noch brav in der Schlange stand. Der Herr, welcher mir am Morgen noch eine Nummer zuwies, liess sich als erster bedienen, schob direkt danach auch noch seine Frau nach, und sicherte sich so die besten Tickets. Meine Schlange kam nur langsam vorwärts. Einige Personen kauften nicht nur Tickets für sich sondern gleich auch noch für den ganzen Bekanntenkreis oder liessen sich, während wertvolle Zeit verstrich, vom Kassenpersonal darüber beraten, ob es vielleicht doch besser gewesen wäre, anzurufen anstatt persönlich beim Vorverkaufsschalter vorbei zu kommen.

Um 11.00h war es dann endlich soweit und ich war an der Reihe. Ich hatte noch die Wahl zwischen zweite Reihe à 169.00 CHF oder zweiter Rang à 130.00 CHF, wenn ich die Bühne ohne Sichteinschränkung sehen wollte. Meine Enttäuschung war riesengross, hatte ich mich doch nach so viel Mühe nun auf gute Plätze gefreut. Zudem kam, dass gleichzeitig an der Kasse neben mir eine Dame bereits Tickets bezog, obwohl sie so spät eingetroffen war, dass sie nicht einmal mehr eine Nummer ziehen musste!

Für dass ich heute Morgen um 6.30 Uhr aufgestanden bin und mir die Beine während zwei Stunden in den Bauch gestanden habe, blieb mir die Wahl zwischen Karten, welche mein Budget übersteigen oder aber Karten für Plätze, welche nicht nur sehr teuer sind, sondern sich auch noch völlig weit entfernt von der Bühne befinden.

Ich bin traurig, ich bin enttäuscht und ich fühle mich als Kunde vom Opernhaus unfair behandelt. Ihr Vorverkaufsystem ist völlig ungerecht und lässt keine Chance zu, auf normalem Weg gute Karten zu einem angemessenen Preis zu bekommen. Für eine andere Vorstellung werde ich mich sicher nicht ein zweites Mal einer solchen Tortur unterziehen lassen.

Es grüsst

Mittwoch, 7. September 2005

Begegnungen am Rhein 1

Er, ca. 80 Jahre alt, Mephisto-Schuhe, lindgrüne Jacke der Marke Vögeli:
"Das ist wunderschön, was sie da zeichnen!"
Sie: "Mmhhh"
Er: "Sie gehen bestimmt an eine Kunstgewerbeschule."
Sie: "Grummel…Nein…"
Er: "Also ich hab da im Fernsehen so einen Bericht über einen Künstler gesehen. Also wenn das Kunst sein soll…! Himmeltraurig!"
Sie: "Was für ein Künstler denn? Ging es in der Sendung um eine aktuelle Ausstellung?"
Er: "Weiss ich doch nicht!! Auf jeden Fall HIMMELTRAURIG!!"

Donnerstag, 19. Mai 2005

Andere Pläne

Für 2,5 Stunden war mein Traum vom Hammer-Job ein kleines Stückchen näher gerückt. Nach dem Abschicken meiner Blindbewerbung bin ich auf ein Stelleninserat eben dieser Firma gestossen. Optimistisch wie ich bin, hab ich mir gleich Chancen ausgerechnet...

Nach der Arbeit kam ich nach Hause und fischte den grossen Umschlag mit dem Vorgangs erwähnten Firmenlogo raus. Im beigelegten Brief wurde mir mit Bedauern mitgeteilt, dass mich die Herrschaften gerne an ein Vorstellungsgespräch eingeladen hätten, wenn ich für den Job sofort zur Verfügung stehen würde. Da ich mein Flugticket für die längere Reise aber bereits in den Händen halte, kommt dies gar nicht in Frage.

Wenn ich nicht verreisen würde, könnte ich an das Gespräch. Was allerdings nicht heisst, dass ich den Job bekommen würde. Vielleicht würde ich nach der Vorstellung gar nicht mehr dort arbeiten wollen. Eventuell würde man sich für einen besser geeigneten Kandidat entscheiden.

Wir hätten sie eingeladen, wenn... Die Zeile hallt noch immer in meinem Kopf.

Ich muss realistisch bleiben. Alles sehr vage und unsicher, so dass es sich für eine Träne nicht mal lohnt. Warum über einen Verlust trauern, wenn man noch gar nichts besass?

Das Leben hat dem Anschein nach etwas anderes mit mir vor. Ich bleibe gespannt.

Dienstag, 10. Mai 2005

Akoustischer Ausflug

Über den Himmel zogen noch vom Regen geschwängerte dicke, schwarze Wolken, während ein kalter Wind fette Tropfen aus den schweren Bäumen schüttelte. Wir entschlossen uns trotz allem mit dem Velo Richtung Hafenbecken zu radeln.

Am Rheinufer türmten sich Transportcontainer in verschiedenen Mustern. Die Farbe blätterte an manchen Stellen ab und einige Ecken und Kanten waren bereits rostzerfressen. Wegweiser halfen uns den Eingang einer unbenutzten Lagerhalle mitten im Hafenviertel zu finden.

In einem alten, abgestellten Waggon war eine kleine Kasse installiert, wo wir den Eintritt zur Hörspielnacht lösten. Der Stempel auf der Rückseite meines Handgelenkes berechtigte uns zur Empfangnahme einer dicken Militärdecke.

Die brauchten wir, denn die Lagerhalle war zwar hübsch dekoriert und mit schönen Lichtern ausgeleuchtet, aber ein kalter Wind zog uns um die Nase. In der Mitte des Raumes lagen schneeweisse Matratzen und Kissen und luden zum Kuscheln ein. Dick in die Decke gehüllt und den Kopf in eines der Kissen vergraben warteten wir gespannt auf den Beginn des ersten Hörspiels.

Die Stimmung war ausgelassen und in freudiger Erwartung nistete man sich auf der weichen Bettstatt ein. Ich kam mir vor wie bei einem Schülerausflug mit Übernachtung im Massenlager.

Wenn ich an die nass kalte Rückfahrt dachte, graute mir.

Augenschliessen und der samtenen Stimme des Geschichtenerzählers gelauscht.

Leider hatte ich von Dicki Dick Dickens, den Schreckmümpfelis und erotischen Kurzgeschichten nicht viel mitbekommen, denn die wohlige Wärme, die sich langsam in meinen durchgefrorenen Glieder ausbreitete, machte mich schläfrig.

Ein Erlebnis war es allemal!
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